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Schild & Speer
Erstellt am:
26.10.2025
Level:
Alle
FUSION: Atmung als System, Schutz und Antrieb
Der Schild
Atmen ist Bewegung.
Und Bewegung beginnt im Inneren.
Wer Kraft aufbauen will, muss verstehen:
Der Core ist kein bloßes Arrangement einzelner, getrennt voneinander arbeitender Muskeln, die isoliert trainiert werden müssen,
sondern funktioniert als ein komplexes Atemsystem.
Jede Spannung, jeder Schutz der Wirbelsäule, jede präzise Bewegung entsteht aus dem inneren Druck, der durch kontrollierte Atmung und muskuläre Koordination erzeugt wird.
Core als funktionelles Atemsystem
Der Core ist ein zylindrisches System aus Zwerchfell, Beckenboden, transversaler Bauchmuskulatur und tiefen Rückenmuskeln sowie unterstützenden passiven Strukturen wie Faszien und dem Beckenring.
Beim Einatmen senkt sich das Zwerchfell, und unter Last oder bei kontrolliertem Bracing steigt der intraabdominelle Druck – die Wirbelsäule wird von innen abgestützt. Beim Ausatmen lässt sich der Druck kontrolliert abbauen.
Dieser Rhythmus aus Expansion und Kompression ist das biomechanische Prinzip hinter jeder sicheren Bewegung – vom Press bis zum Snatch.
Atmung ist damit mehr als Gasaustausch – sie ist die innere Statik des Körpers.
Warum „Bauchnabel einziehen“ keine Stabilität schafft
Das Einziehen des Bauchnabels kann kurzfristig Spannung erwecken, reduziert aber meist den intraabdominellen Druck, hindert das Zwerchfell an der vollen Bewegungsfreiheit, und blockiert den natürlichen Atemfluss.
Im Krafttraining mit hohen Lasten steht die Wirbelsäule so „leer“ unter Belastung.
Echte Stabilität entsteht durch Ausdehnung, nicht durch Einzug. Beim Einatmen dehnt sich der Bauchraum 360° – nach vorne, zu den Seiten, nach hinten und nach unten. Dadurch verteilt sich der Druck gleichmäßig auf Zwerchfell, Beckenboden und Rückenstrecker.
Das Ergebnis:
stabile Wirbelsäule,
freie Atmung,
maximale Kraftübertragung.
Hardstyle nennt das Bracing, nicht „Bauch einziehen“.
Die Kraft entsteht aus Druck von innen, nicht aus Zug nach innen.
(In der Rehabilitation kann gezieltes Baucheinziehen bei geringer Belastung hingegen als Isolationsübung für den transversalen Bauchmuskel eingesetzt werden.)
Power Breathing – Spannung durch Druck
Beim Hardstyle-Training ist Atmung kein Nebeneffekt, sondern ein gezieltes Werkzeug.
Power Breathing koppelt Muskelspannung, Atmung und Fokus:
Einatmen: Erzeugt Druck im Rumpf (Brace) – insbesondere bei geschlossener Glottis oder Widerstand.
Ausatmen: Kontrolliert, explosiv – vergleichbar mit einem gezielten Luftstoß durch einen engen Kanal (z. B. Strohhalm).
Pause: Ein kurzer Moment neuronaler Neuorganisation.
Das Ergebnis:
mehr Kraft,
höhere Stabilität,
geringerer Energieverlust.
Power Breathing macht aus der Atmung eine hydraulische Stabilisationseinheit.
(Wichtig: Bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen sollte Power Breathing mit Vorsicht angewandt werden.)
Recovery Breathing – Entladung und Regulation
Auf Anspannung folgt Entlastung.
Recovery Breathing aktiviert den Parasympathikus – das System der Ruhe und Regeneration.
Langsame, rhythmische Nasenatmung senkt Puls, verringert Cortisol und fördert die Sauerstoffbindung durch verbesserte vagale Aktivität.
Wer so atmet, trainiert den Körper, auch unter Belastung ruhig zu bleiben.
Atmung wird so zum Werkzeug der Regulation, nicht der Erschöpfung.
Sympathikus und Parasympathikus – zwei Seiten der Kraft
Das autonome Nervensystem wirkt wie ein Schalter:
Sympathikus aktiviert, steigert Leistung, mobilisiert Energie.
Parasympathikus regeneriert, stabilisiert und verbessert Steuerungspräzision.
Effizientes Training nutzt beide, indem es rhythmisch zwischen Spannung und Entspannung, zwischen „Gas“ und „Bremse“ wechselt.
Atmung ist der Schlüssel zu diesem Wechsel.
Der Schild steht für Schutz und Kontrolle – der Speer für Fokus und Entladung.
Der Speer
Anti-Glykolytisches Training (AXE)
Das anti-glykolytische Prinzip (AGT) zielt nicht auf Erschöpfung, sondern auf Energieeffizienz ab.
Es nutzt kurze, präzise Belastungen mit ausreichender Erholung – wie ein Speerstoß: explosiv, kontrolliert, vollständig.
Statt Energie vor allem über Zuckerverbrennung (Glykolyse) zu gewinnen, verbessert es die oxidative Kapazität der Muskulatur:
Bessere ATP-Produktion pro Zeiteinheit dank höherer mitochondrialer Effizienz, nicht pro Atemzug.
Weniger Laktat, stabilere Spannung.
Effekte:
Höhere Sauerstoffverwertung in der Muskulatur,
Verbesserte CO₂-Toleranz durch bewusste Atemkontrolle und Anpassung der Atemchemorezeptoren,
Geringere Laktatbildung,
Höhere Wiederholungsstabilität ohne Leistungseinbruch.
AXE trainiert somit Nervensystem und Mitochondrien, nicht den Schmerzreflex.
Die Atmung bleibt ruhig, der Rhythmus stabil, die Leistung konstant.
Der Körper lernt, unter Spannung zu regenerieren.
Simple & Sinister – Rhythmus, Druck, Entlastung
Das Programm Simple & Sinister (S&S) exemplifiziert die Verbindung von Atmung und Bewegung perfekt.
Jeder Swing entspricht einem Atemzyklus – Einatmen im Backswing, Ausatmen beim Snap.
Jede GetUp-Phase ist ein Dialog zwischen Spannung und Kontrolle.
S&S lehrt Ökonomie:
die richtige Menge Luft,
zum richtigen Zeitpunkt,
mit maximaler Kraftübertragung.
Diese bewusste Kopplung von Atem und Bewegung formt eine neuro-mechanische Einheit:
Kraft wird nicht erzeugt, sondern gelenkt.
Atmung wird zum Taktgeber – für Stabilität, Fokus und Timing.
So entsteht Kraft durch Präzision, nicht Tempo.
Quick & The Dead – Explosivität und Energiefluss
Quick & The Dead (Q&D) arbeitet auf höchster neuronaler Ebene: maximale Leistung, minimale Erschöpfung.
Hier entscheidet die Atmung über die Qualität der Energieumwandlung.
Das Training nutzt kurze, explosive Zyklen (ca. 10 Sek. Arbeit, 20 Sek. Pause) und zwingt das Nervensystem, ATP regenerativ (oxidativ) nachzuladen, statt überwiegend über Glykolyse.
Der Atemrhythmus bleibt auch bei maximaler Beschleunigung ruhig, tief und gleichmäßig.
Diese Kombination erzeugt:
Maximale Kraftentwicklung,
Minimale Säurebildung,
Hohe neuronale Präzision,
Schnelle Regeneration zwischen Wiederholungen.
In Q&D ist Atmung kein bloßes Luftholen, sondern das energetische Scharnier zwischen An- und Entspannung.
Der Körper lernt, Energie zu speichern und gezielt abzugeben – wie ein gespannter Bogen.
Techniken zur Energie, Entspannung und Vorbereitung
(nach Pavel Tsatsouline – Second Wind)
Atmung kann weit mehr als Luft bewegen – sie steuert Energie, Spannung und Bewusstsein.
Pavel Tsatsouline beschreibt in Second Wind vier einfache, aber wirkungsvolle Techniken, die gezielt geübt werden können, um Leistung zu bündeln, Spannung aufzubauen oder den Körper in einen Zustand maximaler Ruhe zu versetzen.
Ich empfehle dringend das zugehörige Seminar!
Es ist auf der offiziellen StrongFirst-Seite verfügbar.
Fractional Breathing – Atmung im Rhythmus der Bewegung
Die Einatmung wird in kleine Abschnitte geteilt, die Ausatmung bewusst verlängert.
Diese rhythmische Kopplung von Atem und Bewegung schult die Kontrolle des Nervensystems unter Belastung.
Ideal für dynamische Phasen wie Swings, Cleans oder Sprints.
Ein → Ein → Aus — statt Hecheln atmet man in kontrollierten Takten.
So bleibt der Puls ruhig, der Kopf klar und der Rhythmus stabil.
Power Breathing – mehr Spannung durch Ausatmung
Die aktive Ausatmung durch einen engen Kanal – wie durch einen dünnen Strohhalm – erzeugt gezielte Rumpfspannung und schützt die Wirbelsäule.
Power Breathing ist das Hardstyle-Äquivalent zur „inneren Rüstung“: Einatmen = Druckaufbau, Ausatmen = gerichtete Spannung.
Diese Technik steigert Kraftübertragung und stabilisiert den Core selbst unter maximaler Last.
CO₂-Toleranz – Die Ruhe im Druck
Nach einer vollständiger Ausatmung folgt eine kurze Atempause.
Dies steigert die Toleranz gegenüber Kohlendioxid und trainiert das vegetative Nervensystem, auch in Stressmomenten ruhig zu bleiben.
Diese Atemkontrolle wirkt wie ein Reset: Der Körper lernt, hohe Spannungszustände ohne sie in Stress zu verwandeln.
The Relaxed Second – Der bewusste Moment vor der Leistung
Diese Technik dient der Vorbereitung hoher Belastung. Langsame Nasenatmung (4 Sek. ein, 6 Sek. aus) bringt Herzfrequenz und Gedanken in Einklang.
Der Körper bleibt unter Spannung, aber der Geist entspannt.
Das ist der Zustand, in dem Höchstleistung beginnt: klar, wach, ohne Kampf.
Atmung ist das unsichtbare Bindeglied zwischen Spannung und Entspannung, Kontrolle und Freiheit.
Wer sie beherrscht, reguliert Energie – nicht Emotion.
Und genau hier beginnt wahre Kraft.
Schild & Speer – zwei Prinzipien, ein Atem
Der Schild steht für Druck, Schutz und Stabilität – kontrollierte Atmung unter Spannung.
Der Speer steht für Richtung, Fokus und Effizienz – gezielte Entladung von Energie.
Beide Prinzipien sind über die Atmung verbunden:
S&S schult Rhythmus und Spannungssteuerung.
AXE entwickelt Ausdauer ohne Erschöpfung.
Q&D perfektioniert neuronale Energieumwandlung.
Gemeinsam bilden sie ein geschlossenes System:
Atmung als Mechanik, Energie und Bewusstsein.
Der Atem wird zur Schnittstelle zwischen Physik, Physiologie und Psyche – zwischen Kraft und Kontrolle.
Hardstyle nennt das FUSION.
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